Ökonomische Vorbereitungen

Zum Ende des 19. Jahrhunderts machte die Industrialisierung in den beiden Mansfelder Kreisen (Gebirgs- und Seekreis mit den Verwaltungszentren in Mansfeld und Eisleben) große Fortschritte. So war der Einsatz der Dampfkraft vollzogen und die Nutzung der Elektroenergie im vollen Gange. Weiterhin war das Mansfelder Land durch die Preußische Staatsbahn über die Bahnhöfe Eisleben, Klostermansfeld (damals noch Bahnhof Mansfeld) und Hettstedt erschlossen worden. Damit ergab sich die Notwendigkeit eines modernen Verkehrsmittels für das Mansfelder Land.

Mit dem Bau der Kleinbahn konnte eine direkte Verkehrsanbindung von Ortschaften des Mansfelder Landes zu den beiden Hauptbahnstrecken Halle-Kassel über den Bahnhof Eisleben und Berlin-Magdeburg-Sangerhausen-Erfurt ("Kanonenbahn") über den Bahnhof Klostermansfeld bzw. Hettstedt geschaffen werden.

Durch die geplante Verkehrsanbindung von Wimmelburg, den Grunddörfern Kreisfeld, Hergisdorf, Ahlsdorf, Ziegelrode sowie Helbra und Neu-Benndorf, Klostermansfeld, Mansfeld, Leimbach, Großörner und Burgörner-Altdorf waren die Einwohner in der Lage, ihre Geschäfte und Anliegen in den Verwaltungszentren besser zu organisieren und auszuführen. Die Fahrzeiten für Schüler und Studenten zu den höheren Schulen sowie der Bergschule in Eisleben würden sich mit dem Bau verkürzen bzw. deren Erreichen erst möglich machen.

Darüber hinaus war ein moderner, schneller und ortsnahen Berufsverkehr von und zu den Hütten (Kochhütte in Helbra, Krughütte in Eisleben, Kupfer- und Silberhütten in der Region Großörner / Hettstedt) sowie von und zu einigen Schächten (u.a. Hermannschächte in Helfta, Ottoschächte in Wimmelburg, Martinsschächte in Kreisfeld, Ernstschächte in Klostermansfeld, Eduardschacht in Burgörner-Altdorf) garantiert.

Der Antrag zum Bau einer Kleinbahn von Eisleben nach Hettstedt war auf Samstag, den 03. Oktober 1896 (Erntedankfest) datiert. Am Montag, dem 27. Juni 1898, erteilte der preußische Regierungspräsident in Merseburg dem Bau- und Betriebsunternehmen Kramer & Co. Berlin die Konzession zum Bau und Betrieb einer Elektrischen Kleinbahn von Eisleben über Mansfeld nach Hettstedt zur Beförderung von Personen. Die Genehmigung zum Stückguttransport wurde später erteilt. Festgelegt war eine Spurweite mit 1000 mm und eine Betriebsspannung von 600 V Gleichspannung. Mit 4,5 Mio. Mark Aktienkapital wurde die "Elektrische Kleinbahn im Mansfelder Bergrevier A.G." gegründet und am Dienstag, dem 30. August 1898, in das Handelsregister eingetragen.

Technische Vorbereitungen

Der Baubeginn der Elektrischen Kleinbahn war im Herbst 1898. Die Erdarbeiten an der Bahnlinie, der Bau von Brücken und Durchlässen und des Ober- und Unterbaues der gesamten Bahnlinie mit Einbau der Schienen erfolgte im Laufe des Jahres 1899.

Mit dem Bau einer Kraftstation in Klostermansfeld von 1898 bis 1899 sollte die Energieversorgung der Elektrischen Kleinbahn abgesichert werden. Die Kraftstation, heute würden wir sagen das Kraftwerk der Kleinbahn, befand sich auf der Gemarkung von Klostermansfeld in der Nähe zur Gemeindegrenze zu Benndorf. Es bestand aus einem Kesselhaus (spätere Erweiterung mit einem zweiten Kesselhaus) zur Dampferzeugung, welcher die Turbinen antrieb und diese die Generatoren zur Stromerzeugung in Rotation versetzte. Weiterhin befanden sich auf dem Gelände zwei Wagenhallen, eine quer dahinter liegende Werkstatt und ein Nebenbahnanschluss in Normalspur zur Kohleanlieferung. Hier befand sich auch die Verwaltung der Kleinbahn. Die elektrische Streckenausführung wurde Anfang 1900 beendet.

Ein weiterer Nutzeffekt der Kraftstation war die Abgabe elektrischer Energie an umliegende Gemeinden und Haushalte ab Mai 1900, sodass bereits Ende 1900 156 Konsumenten in Mansfeld, Klostermansfeld, Benndorf und Helbra mit über 2800 Glühlampen, 26 Bogenlampen und 437 PS (ca. 320 kW) installierter Leistung (meist wohl Elektromotoren) angeschlossen waren. Unter installierter Leistung versteht man die Summe der Leistungsaufnahme aller an das Netz zuschaltbaren elektrischen Verbraucher, welche jedoch nicht alle gleichzeitig in Betrieb sein müssen.

Insgesamt wurden bis zu diesem Zeitpunkt (von Mai 1900 bis Ende 1900) ca. 62.500 kWh elektrische Arbeit abgegeben. Weitere technische Veränderungen an der Kraftstation Klostermansfeld ermöglichten, dass 1905 sämtliche an der Bahnlinie liegenden Ortschaften an das Lichtnetz angeschlossen werden konnten. Das Lichtnetz wurde mit 110 V Gleichspannung versorgt.

Aus diversen Chroniken der Anliegergemeinden geht hervor, dass diese für Zugeständnisse an die Betriebsgesellschaft der Kleinbahn Gegenleistungen vereinbart hatten. Diese bestanden weitestgehend in der Errichtung der Straßenbeleuchtung. Dazu wurde die genaue Anzahl der Beleuchtungsmaste festgeschrieben.

In Hettstedt war von Anfang an geplant, die Strecke bis Wiederstedt zu verlängern. Damit konnte dann die Saigerhütte an das Streckennetz angeschlossen werden. Alle Planungen hierzu waren abgeschlossen und die Genehmigungen eingeholt. Realisiert wurde dieses Vorhaben jedoch nicht. Es ist zu vermuten, dass das Projekt aus Kostengründen nicht umgesetzt wurde. Auch der Abzweig am heute leer stehenden Kino Apollo zum Bahnhof Hettstedt wurde nicht realisiert. Manche Quellen berichten auch von einer Erweiterung des Streckennetzes vom Friedhof Eisleben bis nach Volkstedt. Damit hätte man den Wolfschacht erreichen können. Ob es sich hierbei um einen Wunschgedanken handelte, muss offen bleiben.

Betriebseröffnung

Am Dienstag, dem 20. März 1900, erfolgten die ersten offiziellen Probefahrten. Am Dienstag, dem 10. April 1900, war die Betriebseröffnung der Elektrischen Kleinbahn auf der ersten Teilstrecke zwischen Eisleben, Wolfstor (heute etwa der Bereich zwischen ehemaliges Bergbaukrankenhaus und Ampelkreuzung) und Klostermansfeld, Weiche. Weitere Teilstrecken wurden wie folgt eröffnet:

Datum Streckenabschnitt
Mittwoch, 18. April 1900 Eisleben, Wolfstor - Eisleben, Plan
Sonntag, 22. April 1900 Eisleben, Plan - Helfta, Anger
Dienstag, 08. Mai 1900 Eisleben, Plan - Eisleben, Bahnhof
Samstag, 19. Mai 1900 Klostermansfeld, Weiche - Mansfeld, Hotel "Preußischer Hof"
Montag, 02. Juli 1900 Eisleben, Plan - Eisleben, Friedhof
Sonntag, 07. Oktober 1900 Mansfeld, Hotel "Preußischer Hof" - Hettstedt, Markt
Die eingleisige Strecke mit Ausweichstellen hatte eine Länge von 31,855 km, davon waren:
  • 9,776 km auf betriebseigenem Gelände,
  • 8,599 km auf provinzeigenem Gelände,
  • 3,664 km auf kreiseigenen Straßen und Chausseen,
  • 6,341 km auf Straßen und Chausseen der Mansfeld AG und
  • 3,475 km auf gemeindeeigenen Straßen.

Dabei ist heute noch zu erkennen, dass die Trasse wo immer möglich, nicht direkt auf Straßen und Chausseen angelegt wurde. Vielmehr nutzte man einen Streifen unmittelbar neben den Straßen bzw. Chausseen. Diese Trassenabschnitte werden heute noch an vielen Stellen als Rad-, Fuß- und Wanderwege (z. B. Wanderweg um den Schlossberg Mansfeld) genutzt. Die genehmigten Fahrgeschwindigkeiten betrugen 15 km/h innerhalb und 30 km/h außerhalb geschlossener Ortschaften. Nach der Dienstvorschrift für das fahrende Personal gab es weitere Geschwindigkeitseinschränkungen im Bereich Eisleben Marktberg und Bahnhofstraße sowie am Schlossberg bei Mansfeld. Diese betrug teilweise nur 7,2 km/h (z.B. für die Talfahrt vom Bahnhof Eisleben bis zum Hotel "Kaiserhof").